Seit einiger Zeit versuche ich, jeden Tag ein wenig bewusster zu leben. Mehr dazu beizutragen, dass auch mein Sohn noch eine lebenswerte Welt vorfindet, wenn er erwachsen ist und vielleicht selbst an Familiengründung denkt. Die Fahrt zum Supermarkt wird durch Spaziergänge oder Radtouren für den Einkauf bei regionalen Bauern- und Hofläden ersetzt. Fast Food weicht saisonalem Selbstgekochten. Obwohl ich mich noch vor Kurzem nicht unbedingt zur Riege der Bio-Jünger gezählt habe, schaue ich mittlerweile doch häufiger auf die Produktionsmethoden von Lebensmitteln. Neben den Lebensmitteln ersetze ich andere Haushaltsprodukte wie Wasch- oder Spülmittel, Kleidung oder Kosmetika durch ökologische Alternativen. Als wesentlich teurer empfinde ich das nicht. Es erfordert aber ein konsequentes Umdenken in Sachen Einkauf und Verwertung.
Warum ich das alles mache? Vielleicht weil ich einfach das Gefühl habe, dass ich es muss. Dass es nur so weitergehen kann. Das Konsummodell meiner Großeltern und Eltern, Zeugen und Initiatoren des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg, halte ich für überholt und schädigend.
Vielfach fehlen jedoch Alternativen. Oder es ist schlicht nicht möglich, zum Beispiel das Auto kurz mal gegen ein neues Elektromobil einzutauschen. In diesen Fällen liegt mein Verständnis von Nachhaltigkeit darin, den Wert der Dinge möglichst zu erhalten und den Kauf neuer Produkte möglichst hinauszuschieben. So besitze ich mein Auto bereits seit über sieben Jahren, fast genauso alt sind mein Laptop und mein Handy. Altmodisch oder schon wieder im Trend?
Verpackungen als ökologische Herausforderung – Die Lösung: Greenspoon!
Die momentan größte ökologische Herausforderung im Familienalltag stellen für mich Verpackungen dar. Fast jeder Einkauf ist automatisch mit einer bestimmten Verpackung verbunden. Fast täglich ärgere ich mich über die immer noch überall zu findenden Plastik-Verpackungen – vor allem bei Bio-Lebensmitteln, was ja nun überhaupt nicht zusammenpasst!
Wie gut, dass es Start-Ups wie die Geschmacksentfaltung GmbH gibt. Geschäftsführer Jochen Gabler hat mit dem Greenspoon den weltweit ersten, faltbaren Löffel mit integriertem Teebeutel erfunden. Komplett kompostierbar und gesundheitlich unbedenklich, mit Tee vom Bio- und Fairtrade-zertifizierten Händler aus Deutschland. Mit diesem Konzept erreichte er Mitte März einen Platz auf dem Gewinnerpodest beim Regionalcup Heidenheim des ElevatorPitch Baden-Württemberg. Seine Idee hat mich sofort begeistert. Sie vereint ökologisches, nachhaltiges Denken mit Wirtschaftlichkeit und Innovationskraft.
Besuch beim Erfinder des Greenspoons
Ich durfte Gabler in seinen Geschäftsräumen im Aalener Inno-Z besuchen und einen Blick in die „Wiege des Greenspoon“ werfen.
Zu allererst riecht man den Greenspoon, denn sobald man den großen Raum im Untergeschoss der Gründer-Schmiede betritt, steht man insgesamt 500 Kilogramm Tee gegenüber – verpackt in speziell angefertigten Teebeuteln (natürlich aus kompostierbarem Material), gelagert in hygienischen Kunststoff-Kisten für Lebensmittel (nun ja, Vorschrift ist Vorschrift).
Nachdem man dieses duftende Lager, vergrößert durch Kisten mit Karton-Rohlingen für den Tee-Löffel, passiert hat, begegnet man Steve Jobs. Der verstorbene Apple-Gründer grüßt mit Motivationszitaten von den Wänden, die den Aktenbereich vom Produktionsbereich des Greenspoon trennen. Es ist klar, dass Jobs ein großes Vorbild für den jungen Gründer Gabler und sein Team ist.
„Hand-made in Germany“ steht auf den Fensterscheiben des Geschäftsraumes, der architektonisch gut strukturiert und angenehm minimalistisch eingerichtet ist. „Die Räumlichkeiten entsprechen allen Vorgaben, die wir für die Lagerung und Produktion des Greenspoon von Gesetz her einhalten müssen“, sagt Gabler. „Die direkte Nachbarschaft zur Hochschule ermöglicht es unseren studentischen Arbeitskräften, ihre Arbeitszeit flexibel einzuteilen. Sie kommen in Leerzeiten zwischen zwei Vorlesungen einfach mal kurz vorbei, konfektionieren eine oder zwei Stunden lang Greenspoons und studieren weiter.“ Der handgemachte Greenspoon entsteht, indem der Rohling mit dem Teebeutel bestückt wird. Das geschieht in wenigen Sekunden mit Hilfe einer Maschine, die an eine Nähmaschine erinnert, aber eine Spezialanfertigung ist.
„So können wir im Monat leicht bis zu 50.000 Stück der Greenspoons produzieren“, erzählt Gabler. Der Greenspoon ist als Werbeartikel konzipiert. Firmen können ihn individuell mit ihren Logos oder Werbebotschaften beschriften lassen. Auch die Farbe dafür ist gesundheitlich und ökologisch unbedenklich. Das bestätigt sogar der TÜV.
Gabler begann vor einigen Jahren mit der Entwicklung des Greenspoon. Auslöser war sein Ärger über Plastiklöffel, die bei jedem Tea-to-go oder Coffee-to-go anfallen. 7,5 Milliarden Löffel pro Jahr – allein in Deutschland! – waren ihm schlicht zu viele.
Auch die Teebeutel selbst enthalten mit ihren metallischen Klammern, Etiketten, Folienverpackungen oder Kunststofffäden wenig nachhaltige Bestandteile.
So entwickelte der im Hauptberuf als Projektmanager bei einem Automobilzulieferer tätige Tüftler seine Idee, schrieb Firmen an, telefonierte mit möglichen Lieferanten, designte, reichte Patentanträge ein, konzipierte Marketing- und Vertriebskonzepte und erreichte im Januar 2017, dem Beginn der Greenspoon-Produktion in den eigenen Geschäftsräumen, bereits den Break-Even für alle laufenden Kosten.
Food-Blogger reißen sich im Web bereits um seinen Greenspoon, zahlreiche Aufträge aus Industrie und Wirtschaft, national und international, liegen vor.
Gabler hat mit viel Sinn für richtiges Timing und vor allem auch mit sehr viel persönlichem Einsatz ein Produkt entwickelt, das ökonomische und ökologische Interessen und Ansprüche gleichermaßen berücksichtigt und dazu den Nerv einer Generation trifft, die keine Lust mehr auf Wegwerfgesellschaft und Ausbeutung von Ressourcen hat. Ich bin sicher, Steve Jobs würde das ebenfalls gefallen.