Neue Wege in der Not- und Katastrophenhilfe: Die Initiative #CSRhumanitär

Erdbeben in Nepal, Flutkatastrophe in Chile, Dürreperiode in Ostafrika, Kriege und Konflikte – Über 128 Millionen Menschen weltweit sind von humanitären Krisen betroffen. Sie verlieren ihre Existenzgrundlage, ihre Heimat und oft genug auch ihr Leben. Noch Jahre nach dem Ereignis selbst muss humanitäre Hilfe für die Bevölkerung und vielfältige Unterstützung beim Wiederaufbau zerstörter Infrastruktur geleistet werden. Die Bewältigung solcher Katastrophen bedeutet deshalb eine Mammutaufgabe für die jeweiligen Staaten und für Akteure im humanitären Bereich.

Und der Bedarf an humanitärer Hilfe wird wachsen, denn häufig entstehen humanitäre Krisen von Menschenhand: exzessive Landwirtschaft fördert die Bodenerosion und damit das Risiko für Erdrutsche und Überschwemmungen, der Klimawandel verändert ganze Ökosysteme. Obwohl die Forschung hierzu noch am Anfang steht, vermuten Wissenschaftler, dass Wetterphänomene wie El Niño durch den Klimawandel verstärkt auftreten und zu häufigeren und gravierenderen globalen Naturkatastrophen führen. Migration kann sowohl Folge von Naturkatastrophen als auch von Kriegen und Konflikten sein.

Viel Arbeit also für alle, die sich der Bewältigung humanitärer Krisen verschrieben haben. Das sind in Deutschland nicht wenige. Internationale Hilfsorganisationen zählen traditionell zu den Kernakteuren im humanitären Bereich. Die Politik engagiert sich in Form des Auswärtigen Amtes. Und immer häufiger finden sich Unternehmen, die ihr Knowhow oder ihre Ressourcen in die humanitäre Arbeit mit einbringen.

Die Wirtschaft als Partner in der humanitären Hilfe
Ein Beispiel, wie der Dialog zwischen all diesen Beteiligten gefördert werden kann, um letztlich die Welt positiver zu gestalten, ist die Initiative #CSRhumanitär.

Hilfsgüterlieferung
Tsunami-Opfer benötigen dringend Decken – Logistische Lösungen sind gefragt.

2015 vom Auswärtigen Amt und dem Bündnis Aktion Deutschland hilft e.V. ins Leben gerufen, zielt die Initiative darauf ab, den Dialog zwischen der Wirtschaft und humanitären Organisationen zu fördern. Zahlreiche Netzwerkveranstaltungen sollen helfen, die unterschiedlichen Parteien vertrauter miteinander zu machen und eine gemeinsame Sprache zu entwickeln. „Weltweit steigt der Bedarf an humanitärer Hilfe. Zugleich wächst die Finanzierungslücke und der humanitären Gemeinschaft stehen immer weniger Hilfsgelder zur Verfügung. Diese Herausforderungen können nicht allein durch staatliche oder private Akteure gemeistert werden, sondern hier kann die Wirtschaft als Partner der humanitären Hilfe einen Mehrwert leisten. Denn seit einigen Jahren wächst bei Unternehmen die Bereitschaft, sich mit Knowhow aus ihrem Kerngeschäft, bedarfsgerechten Ressourcen oder sogar der Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter in Form eines Corporate Volunteerings einzubringen. #CSRhumanitär fördert den Austausch, um diese neuen Ressourcen freizusetzen und unterstützt NGOs und Unternehmen dabei auf Augenhöhe neue, innovative Ansätze zu erarbeiten, um bedarfsgerechte und prinzipientreue humanitäre Hilfe zu leisten“, erklärt Marion Michels, Projektleiterin der Initiative #CSRhumanitär. Gebündelt sind diese ganzen Kenntnisse und Erfahrungen ein unschätzbarer Vorteil, wenn schnelle und effiziente Hilfe geleistet werden soll.“

Gebündelte Kompetenzen, gemeinsame Bedarfsermittlung
Der Initiative gehören mittlerweile knapp 100  aktive Unterstützer, 48 Unternehmen, Unternehmensstiftungen und Wirtschaftsverbände, 37 zivilgesellschaftliche Organisationen, Hilfsorganisationen und UN-Organisationen, 6 staatliche Institutionen, Agenturen und Bundesanstalten sowie 5 Universitäten, Forschungseinrichtungen, CSR-Netzwerke und Think Tanks an.

Im Rahmen der Aktionstage Nachhaltigkeit 2017 führte #CSRhumanitär gemeinsam mit Henkel AG & Co. KGaA ein praxisorientiertes Training für Unternehmen und humanitäre Akteure durch (lesen Sie hier mehr dazu). Denn Naturkatastrophen sind nicht planbar und so kommt es in der Zusammenarbeit auf eine gute Vorbereitung an. Dazu vermittelt die Initiative wertvolles Wissen über Prozesse und fördert das gemeinsame Lernen der unterschiedlichen Akteure. Weitere Workshops sind in Planung.

Bei den Netzwerktreffen werden Bedarfe der verschiedenen humanitären Akteure erhoben, Potenziale der Wirtschaft erfasst, bilaterale Partnerschaften gefördert und viel Vertrauensarbeit geleistet. Denn noch allzu oft herrscht neben Unwissen über die Arbeitspraktiken „der anderen“ auch große Skepsis. „Wie finden wir unter den NGOs den richtigen Partner?“, fragen die Unternehmen. „ Sind wir noch unabhängig oder setzen wir durch die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft unsere humanitären Prinzipien aufs Spiel?“, zweifeln die Hilfsorganisationen. Bei der Initiative #CSRhumanitär sind solche Bedenken fehl am Platz. Im Rahmen meiner früheren Tätigkeit als Manager für Social Responsibility bei einem internationalen Medizinprodukteunternehmen konnte ich mich persönlich davon überzeugen, wie offen der Dialog bei den Veranstaltungen geführt wird. Die Diskussionen darüber, wer warum Teil dieser Initiative ist und wie konkrete Hilfe in einem Multi-Stakeholder-Bündnis aussehen kann, verlaufen äußerst konstruktiv und vertrauensvoll. Denn das gemeinsame Ziel eint alle: Potenziale und Grenzen in der partnerschaftlichen Zusammenarbeit herauszufinden, um bestmöglich humanitäre Hilfe im Ausland zu ermöglichen.

Humanitäre Hilfe bei Erdbeben
Medizin und Logistik: essenziell für die Bewältigung humanitärer Katastrophen wie zum Beispiel beim Erdbeben in Nepal.

Die größten Bedarfe in der humanitären Hilfe hat das Netzwerk bereits erarbeitet: Gesundheit, Logistik sowie Knowhow-Transfer stehen sowohl in der Relevanz für humanitäre Akteure als auch bei Unternehmen an höchster Stelle.

Im nächsten Schritt werden die Unterstützer der Initiative partizipativ einen Leitfaden entwickeln. „Wir sind dankbar, dass wir mit der Universität Erlangen-Nürnberg und der Ruhr-Universität Bochum zwei erfahrene Partner gefunden haben, die uns mit ihrer Expertise unterstützen, einen nachhaltigen Wertekodex für die Zusammenarbeit von Wirtschaft und NGOs in der Not- und Katastrophenhilfe zu schaffen“, erläutert Projektleiterin Marion Michels.

Meiner Meinung nach geht dieser Ansatz in die richtige Richtung: Das Prinzip der gemischten Teams, das seit Jahren schon überall praktiziert wird, überträgt die Initiative auf alle im humanitären Bereich tätigen Partner. Ein wesentlicher Meilenstein zur Umsetzung des 17. Nachhaltigkeitsziels der Vereinten Nationen: „Partnerschaften, um die Ziele zu erreichen“.

 

Copyright images: Titelbild: By U.S. Navy photo by Mass Communication Specialist 2nd Class Gina Wollman [Public domain], via Wikimedia Commons; Hilfsgüterlieferung Decken: Idawriter [CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons; Humanitäre Hilfe bei Erdbeben: By Direct Relief (Own work) [CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons


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